AssCompact Juli 2025: Warum pauschale EBIT-Multiples bei der Maklerbewertung unzureichend sind
22. Juli 2025Immer wieder erleben wir, dass Maklerhäusern pauschal mittels EBIT-Multiples bewertet und darauf der Kaufpreis abgestellt wird. Die Aussage „Das 4-Fache des EBIT ist marktüblich“ suggeriert eine Einfachheit, die der komplexen Realität von Maklerunternehmen nicht gerecht wird.
Die methodische Problematik pauschaler Multiples
EBIT-Multiples beruhen auf einer Sammlung vieler einzelner Unternehmenskäufe, welche von Marktforschern oder Fachmagazinen wie das Finance Magazine zusammengetragen werden. Die wissenschaftliche Analyse die auch im Auftrag der Deutschen Unternehmerbörse durch die FOM Hochschule erstellt wurde, zeigt, dass ein definierter Anteil in der jeweiligen Branche übertragenen Unternehmen in einem ausgewiesenen Preisbereich gelegen haben. Das heißt aber auch, dass ein gewisser Teil der Unternehmen außerhalb dieses Bereichs gelegen hat.
Das grundlegende Problem liegt in der Entstehung dieser Multiples: Sie sind nicht die Basis für die Kaufpreisermittlung, sondern das Ergebnis vergangener Transaktionen. Multiplikatoren werden häufig aus Umfragen und Studien oder aus den eigenen Erfahrungswerten herangezogen, während die Bildung von Multiplikatoren auf Basis von Erfahrungssätzen einen geringen wissenschaftlichen Hintergrund hat.
Entscheidende Parameter für Maklerhäuser
Für eine sachgerechte Bewertung von Maklerhäusern müssen spezifische Faktoren berücksichtigt werden, die bei der Anwendung pauschaler Multiples häufig außer Acht gelassen werden:
Aktuelle Marktentwicklung: Die Multiples blicken in die Vergangenheit und sind daher nur bedingt geeignet, die aktuelle Marktentwicklung widerzuspiegeln. Der Markt kann sich noch oben oder nach unten entwickelt haben.
Bestandsstruktur und Kundenportfolio: Die Zusammensetzung des Kundenbestands nach Produktlinien, Vertragslaufzeiten und Ertragsstabilität beeinflusst maßgeblich die Wertschöpfung. Ein Maklerhaus mit einem hohen Anteil an langfristigen Lebensversicherungsverträgen weist andere Risiko-Ertrags-Profile auf als ein Unternehmen mit Fokus auf Sachversicherungen.
Regionale oder branchenspezifische Marktposition: Die geografische Verteilung der Kunden und die Marktposition in den jeweiligen Regionen oder Branchen (je nach Zielgruppe) – aber auch das Potenzial der Zielgruppe – bestimmen sowohl das Wachstumspotenzial des Unternehmens und die Risikosituation des Käufers erheblich.
IT-Infrastruktur und Digitalisierungsgrad: Die technische Ausstattung und der Digitalisierungsgrad beeinflussen sowohl die Effizienz als auch die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und damit dessen Wertentwicklung.
Käufertypologie und deren Bewertungsansätze
Die Auswahl des Käufers hat erheblichen Einfluss auf die Anwendbarkeit und Flexibilität von EBIT-Multiples. Bei der Unternehmensbewertung auf Basis von vergleichbaren Transaktionen müssen implizite Kontrollprämien und Synergieeffekte berücksichtigt werden, die im Transaktionspreis bereits eingepreist wurden.
Strategische Käufer suchen gezielt Synergien und Skaleneffekte, wodurch sie höhere Multiples rechtfertigen können. Private-Equity-Investoren kalkulieren mit spezifischen Renditeerwartungen und Fremdkapitalkosten, was zu anderen Bewertungsansätzen führt. Operative Käufer, die den Kaufpreis aus der laufenden Liquidität bestreiten müssen, zeigen eine andere Elastizität bei der Multiple-Anwendung.
Wissenschaftliche Fundierung und Marktdaten
Die DUB KMU-Multiples basieren zwar auf dem EBIT und wurden in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Holger Wassermann, dem wissenschaftlichen Leiter vom KompetenzCentrum für Entrepreneurship & Mittelstand der FOM Hochschule, entwickelt. Sind aber für die Finanzdienstleistungsbranche, insbesondere Maklerunternehmen im Bereich der KMU schlicht mangels repräsentativer Stückzahlen, die in die Analyse eingeflossen sein können, nur bedingt anwendbar. Diese zeigen für beratende Dienstleistungen eine Spanne von 3,9 bis 9,2 mit einem Durchschnittswert von 6,6. Das Resultate Institut beispielsweise konnte jedoch in regelmäßigen Abständen für seine Kunden Kaufpreise deutlich im zweistelligen Bereich erzielen und liegt damit mit seinen Projekten weit über den sonstigen beratenden Unternhemen.
Laut einer Studie der FHS St. Gallen kommen EBITDA-Multiples bei 87 Prozent und EBIT-Multiples bei 62 Prozent der Anwendungen zur Verwendung. Dies unterstreicht die praktische Relevanz, macht aber auch die Notwendigkeit einer fundierten Anwendung deutlich.
Optimierungsstrategie für Verkäufer
Eine erfolgreiche Verwertung über EBIT-Multiples erfordert eine systematische Vorbereitung. Zunächst muss das bereinigte EBIT optimiert werden, wobei alle nicht betriebsnotwendigen Aufwendungen und Erträge zu eliminieren sind. Selbstverständlich ist dabei immer zu bedenken, dass das EBIT eines bestimmten Jahres oft nicht das „wahre“ Unternehmensergebnis darstellt, daher wird das EBIT normalisiert.
Die Analyse der unternehmensspezifischen Faktoren und deren Auswirkung auf die Multiple-Anwendung stellt den zweiten Schritt dar. Unternehmensspezifische Chancen und Risiken wie ausgewogene Kundenstruktur oder Abhängigkeit von Führungspersonen sind bei dem gewählten Multiplikator einzubeziehen und führen regelmäßig zu Auf- oder Abschlägen.
Die gezielte Käuferauswahl bildet den dritten Baustein einer erfolgreichen Veräußerungsstrategie. Käufer, die sich eher an der oberen Grenze der ermittelten EBIT-Multiples bewegen, sollten prioritär adressiert werden.
Fazit für die Bewertungspraxis
Das Multiplikatorverfahren basiert auf den Zahlen von realen Transaktionen, wodurch es einerseits zwar einen hohen Praxisbezug hat und ermöglicht eine erste grobe Vorstellung vom Wert des Unternehmens. Für eine präzise Analyse des Unternehmenswertes bleibt eine fundierte Analyse des Unternehmens jedoch unerlässlich.
Die Verwendung pauschaler EBIT-Multiples ohne Berücksichtigung der spezifischen Unternehmenscharakteristika kann zu erheblichen Fehlbewertungen führen. Eine professionelle Bewertung erfordert die Kombination verschiedener Ansätze unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten des Maklerhauses.
Verkäufer, die ihre Unternehmen über EBIT-Multiples verwerten möchten, sollten daher nicht bei der Frage nach dem aktuellen Branchenfaktor beginnen, sondern bei der langfristigen Optimierung aller wertbestimmenden Faktoren und der strategischen Käuferauswahl.
Dieser Beitrag basiert auf dem Artikel „Warum ein 4-faches EBIT definitiv nicht reicht“ von Andreas Grimm, erschienen in der Ausgabe vom Juli 2025 des Fachmagazins AssCompact.
Sollten Sie sich nicht sicher sein, in welchem Preissegment sich Ihr Maklerunternehmen einordnen lassen kann, können Sie gerne eine erste Preisindikation über den Online-Rechner des Resultate Instituts erstellen.
Bildnachweis: Adobe Stock #1540350127