Fünf Prüfsteine zwischen „verkäuflich“ und „verkauft“

28. November 2025

Ist mein Maklerbestand überhaupt verkäuflich? – Teil 2

Die Frage, ob ein Maklerbestand verkäuflich ist und welchen Marktwert er erreicht, lässt sich nicht allein anhand der Courtagehöhe beantworten. Erst eine systematische Analyse der rechtlichen Grundlagen, der Datenqualität, der Beratungsdokumentation, der betrieblichen Abläufe und der wirtschaftlichen Struktur zeigt, ob ein Bestand tatsächlich marktfähig ist. In der Bewertungspraxis zeigt sich, dass bereits einzelne Schwächen erhebliche Auswirkungen auf Preis, Übertragbarkeit und Geschwindigkeit des Verkaufsprozesses haben.

1. Vertragslage und rechtliche Übertragbarkeit von Maklerbeständen

Die Qualität der Maklerverträge bildet das Fundament jedes Bestandsverkaufs. Käufer prüfen, ob Maklervollmachten aktuell, eindeutig und rechtssicher sind, ob die verwendeten Vertragsversionen dem heutigen Rechtsstand entsprechen und ob alle Datenschutzvereinbarungen nach DSGVO vollständig vorliegen. Bestände mit historisch gewachsenen Altverträgen, Mischformen aus früheren Vertretertätigkeiten oder fehlenden Vollmachten gelten als risikobehaftet. Ohne rechtlich klare Grundlage können Versicherer die Bestandsübertragung verzögern oder ablehnen.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Frage, ob Courtageansprüche überhaupt übertragbar sind. Bei personengebundenen Vergütungsvereinbarungen – beispielsweise durch persönliche Poolverträge oder individuell ausgehandelte Sonderkonditionen – greift § 399 BGB. In solchen Fällen wird der Kundenvertrag übertragen, nicht jedoch der Vergütungsanspruch. Der Käufer wird damit faktisch Korrespondenzmakler ohne laufende Bestandseinnahmen. Dieses Risiko wird häufig erst nach der Übertragung sichtbar und führt nicht selten zu Kaufpreisrückforderungen oder juristischen Auseinandersetzungen. Eine umfassende Prüfung der Courtagevereinbarungen ist daher ein zentraler Bestandteil jeder Due Diligence.

2. Beratungsdokumentation und Haftungsrisiken nach § 63 VVG

Seit 2007 sind Makler verpflichtet, Anlass, Empfehlung und Entscheidungsgrundlagen ihrer Beratung zu dokumentieren. Fehlt diese Dokumentation, kann es im Streitfall zur Beweislastumkehr kommen. Die Rechtsprechung bestätigt dies in mehreren Entscheidungen, unter anderem durch das OLG Saarbrücken (Urteile vom 18. Dezember 2009 und 27. Januar 2010). Für Käufer bedeutet eine unzureichende Dokumentation ein erhebliches Haftungsrisiko, das über Jahre nachwirkt. Bestände mit lückenhafter Dokumentation führen daher regelmäßig zu Preisabschlägen, in manchen Fällen sogar zum vollständigen Abbruch des Kaufinteresses. Eine transparente Aufarbeitung solcher Lücken erhöht die Verkaufschancen spürbar.

3. Datenqualität und digitale Transparenz als Werttreiber

Ein Maklerbestand ist nur dann realistisch bewertbar, wenn die zugrunde liegenden Daten vollständig, aktuell und digital gepflegt sind. Dazu gehören Vertragsnummern, Produktarten, Versicherer, Laufzeiten, Prämien, Kündigungsfristen, Altersstruktur, Stornoquote und Cross-Selling-Potenziale. In der Praxis existieren jedoch häufig veraltete Excel-Listen, unvollständige Datensätze oder Papierordner, die eine verlässliche Analyse erschweren. Käufer bevorzugen Bestände, die über ein professionelles Maklerverwaltungsprogramm strukturiert geführt werden. Transparente Daten erhöhen die Planungssicherheit, reduzieren Risiken und steigern den Marktwert.

4. Betriebsorganisation und Prozessqualität

Für die tatsächliche Übertragbarkeit eines Maklerunternehmens spielt die Qualität der internen Abläufe eine entscheidende Rolle. Käufer möchten nachvollziehen können, wie Neukundenanfragen bearbeitet, Schadenprozesse gesteuert oder Bestandsdaten gepflegt werden. Unternehmen, deren Abläufe vollständig auf die Person des Inhabers zugeschnitten sind, gelten als schwer übergabefähig. Fehlen dokumentierte Prozesse, entsteht eine operative Black Box. Dies führt regelmäßig zu Preisabschlägen oder erschwert die Suche nach geeigneten Nachfolgern. Unternehmen mit standardisierten, dokumentierten Abläufen bieten dagegen eine hohe Übernahme- und Skalierbarkeit.

5. Wirtschaftliche Substanz und Ertragsqualität des Bestandes

Die wirtschaftliche Bewertung eines Maklerbestandes geht weit über die Jahrescourtage hinaus. Entscheidend sind die Struktur der Verträge, die Stabilität der Erträge und die Risikoverteilung innerhalb des Kundenportfolios. Ein Bestand mit kleinteiligem Privatkundengeschäft birgt andere Risiken als ein Bestand, der von wenigen gewerblichen Großkunden abhängt. Auch Altersstrukturen, Produktarten und regionale Besonderheiten spielen eine Rolle. Zudem unterscheidet sich die Wertigkeit zwischen laufender Courtage aus traditionellen Lebensversicherungen, ertragsvolatilen Fondspolicen und Einmalprovisionsgeschäft erheblich. Käufer kalkulieren präzise, wie stabil diese Erträge in fünf bis zehn Jahren voraussichtlich sein werden. Je nachvollziehbarer diese Prognose ist, desto höher fällt der Marktwert aus.

Fazit

Die Verkäuflichkeit eines Maklerbestandes hängt von einer Vielzahl ineinandergreifender Faktoren ab. Erst das Zusammenspiel aus rechtlicher Klarheit, vollständiger Dokumentation, digitaler Transparenz, stabilen Prozessen und wirtschaftlicher Substanz entscheidet über Marktwert und Übertragbarkeit. Makler, die ihre Strukturen frühzeitig aufbereiten, profitieren von einer deutlich höheren Nachfrage und besseren Verhandlungspositionen. In der Praxis zeigt sich, dass die Marktattraktivität eines Bestandes in erster Linie von seiner Transparenz und Modernität abhängt.

 

 

 

 

Quelle:
Maklerblog.de (2025):
Fünf Prüfsteine zwischen „verkäuflich“ und „verkauft“
Abrufbar unter: https://maklerblog.de/pruefsteine-bestandsverkauf/ (Zugriff am [28.11.2025])